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Buch und Bücherei Lieblingssatz Theater

Elisabeth spricht

„Elisabeth: Ich rede jetzt nicht direkt persönlich, denn ich bin darüber momentan hinaus –

[…]

Elisabeth fletscht die Zähne.

Und zwischendrin der Ausbruch, so ein Wahrheitswüten und Beißen, und ich denke nach über Wahnsinn (oder was alles als Wahnsinn bezeichnet wird) und wie er dargestellt wird, darüber dass die meisten Darstellungen des Wahnsinns den Kern des Wahnsinns (des sogenannten) nicht treffen, sondern die Klarheit und Tiefenschärfe des Wahnsinns (manchen sogenannten Wahnsinns) verkennen oder nicht einmal in Betracht zu ziehen versuchen. Ich versuche im neuen Stück den Wahnsinn (den sogenannten) als Redeweise zu verwenden, ihn als legitime Ausdrucksform zu betrachten.

Buch und Bücherei Voraussetzungen des Erfolgs

Szene Nummer 4 / Alltagsfragen

Präparator: Sie wünschen?
Elisabeth: Ich möchte hier jemand Zuständigen sprechen.
Präparator: In was für einer Angelegenheit?
Elisabeth: In einer dringenden Angelegenheit.
Präparator: Haben Sie einen angehörigen Toten bei uns?
Elisabeth: Es dreht sich um keinen angehörigen Toten, es dreht sich um mich selbst persönlich.
Präparator: Wieso denn das hernach?
Elisabeth: Sind der Herr hier die zuständige Instanz?
Präparator: Ich bin der Präparator. Sie können sich mir ruhig anvertrauen.
Stille.
Elisabeth: Man hat mich nämlich extra darauf aufmerksam gemacht, daß man hier seinen Körper verkaufen kann — das heißt: wenn ich mal gestorben sein werde, daß dann die Herren da drinnen mit meiner Leiche im Dienste der Wissenschaft machen könne, was die Herren nur wollen — daß ich aber dabei das Honorar gleich ausbezaht bekomme. Schon jetzt.
Präparator: Das ist mir neu.
Elisabeth: Man hat mich aber extra darauf aufmerksam gemacht.
Präparator: Wer denn?
Elisabeth: Eine Kollegin.
Präparator: Was sind Sie denn von Beruf?
Elisabeth: Jetzt habe ich eigentlich nichts. Es soll ja noch schlechter werden. Aber ich lasse den Kopf nicht hängen.
Stille
Präparator: Seine eigene Leiche verkaufen — auf was die Leute noch alles kommen werden.
Elisabeth: Man möchte doch nicht immer so weiter.

Ödön von Horváth: Glaube Liebe Hoffnung